Die Äbtissin Hildegard von Bingen (1098 bis1179) hat nicht nur Schriften mit religiösem und philsophischem Inhalt hinterlassen, sondern auch Werke zur Medizin. Es sind vor allem die „Physica“ und „Causae et curae“ zu nennen. Die Medizin der Hildegard von Bingen ist ein in sich geschlossenes System, welches durchaus zu vergleichen ist mit der chinesischen Heilkunde. Neben einer sehr ausgeklügelten Diätetik und einer sehr differenzierten Phytotherapie legt sie besonderen Wert auf die Ausleitungs- und Umstimmungsverfahren. Hier hat der Aderlass nach Hildegard von Bingen einen besonders hohen Stellenwert. Dieser Blutentzug wird vom ersten bis sechsten Tag nach Vollmond unternommen und ist als rein Stoffwechsel umstimmend zu sehen. Er hat damit mit den exzessiven Volumenaderlässen des Mittelalters nichts zu tun.
Die Ansätze der Hildegard Medizin teilen sich in vier große
Bereiche ein:
- der göttliche Bereich
- der kosmische Bereich
- der körperliche Bereich
- der seelische Bereich.
Alle diese vier Punkte müssen bei der Therapie berücksichtigt werden. Trotz immer weiteren Fortschritts in der Wissenschaft werden wir nie an den Punkt kommen, alles zu beherrschen. Dies ist der göttliche Bereich. Der kosmische Bereich stellt die äußeren Einflüsse dar, in dem das Krankheitsbild gebessert oder verschlechtert wird. Der körperliche Bereich sind die sichtbaren und fühlbaren Krankheitssymptome, und der seelische Bereich stellt die psychischen Aspekte dar. Als Ganzheitsmedizin sind alle vier Punkte zu berücksichtigen. Hildegard von Bingen hat auch eine sehr differenzierte und ausgeklügelte Psychotherapie. Sie hat in ihren Werken großen Wert auf die Darstellung des Rezepturaufbaus gelegt. Die einzige Firma in Deutschland, die bis zum heutigen Tag die Hildegardpräparationen nach diesen Anweisungen anfertigt, ist die Firma Jurapharm in Konstanz.
Peter Germann