Warenkorb

keine Produkte im Warenkorb

Mystik halluzinogener Pflanzen im Mittelalter

„Alle Ding sind Gift und nit ohn Gift, allein die Dosis macht, daß ein Ding kein Gift ist.“ (Paracelsus)

Der Mensch des Mittelalters ist in einer völlig anderen Denkung und Wahrnehmungsweise verhaftet als wir im heutigen Zeitalter. Uralten Weisheiten entsprechend waren Symbole für den Ausdruck von Gedanken und Gefühlen vertraute Lebensbekenntnis. So wie uns heute Lebenden Sprachbewußtsein und Kenntnis der Schrift etwas Selbstverständliches sind, waren die Menschen des Mittelalters eingewoben in ein Netz von geistigem Wissen, das nicht verstandesgemäß erfaßt war, vielmehr wie eine Art Schutzmantel über den abendländischen Völkern lag. Es waren die letzten Verbindungen zu jener geistigen Urwelt, die verlorengehen musßte mit dem Eintritt in das Denken der Neuzeit.

Hieronymus Bosch

In die Struktur dieses Zeitalters hineingeboren wird um 1450 der flämische Maler Hieronymus Bosch. Seine Bilder stehen vor uns, wie das Schrifttum einer alten Kultur, in einer Sprache auf den heutigen Tag überliefert, für die der Lesekundige fehlt, der über Inhalt und Aussage berichten könnte. Die Darstellungen sind nahezu überladen mit bedeutungsvollen und hintergründigen Bezügen, dem heutigen Betrachter aber fehlt der Zugang zu ihrem Sinngehalt. Wohl ist augenfällig, daß die Symbole aus jedem Detail sprechen, doch wo ist der Schlüssel zu ihrem Verständnis? Bereits Mitte des 17. Jahrhunderts war die Fähigkeit zum Verstehen der Symbolsprache erloschen, so daß man die Werke Boschs nur noch als obszön und gottlos schalt.

Ähnlich ist es mit den Märchen, deren letzte Reste Männer wie die Gebrüder Grimm für die Nachwelt fixiert haben. Allerdings konnten sie das natürliche Verständnis der Symbolinhalte nicht retten. So verdrängte das Eintauchen in den Intellekt allmählich das volkshafte Gruppenwissen.

Als Schlüssel zum Zugang anderer Sphären und Welten steht häufig die Pflanze, als reales oder aber imaginäres Wesen. Besonders deutlich wird dies auf dem Gemälde „Johannes der Täufer“ von Hieronymus Bosch, wo ein symbolisches Gewächs durch die Größe und Vordergründigkeit einnimmt.

Die Staude wurzelt an der Schwelle des Bildes, der Stamm entfaltet sich als Busch mit fetten Blättern, dessen Laubwerk ihn zum Feigenbaum abstempelt. In alttestamentarischer Natursymbolik steht er für den Sabbatfrieden, dem wir unter dem Feigenbaum gedenken sollen, neutestamentarisch in der Abschiedsrede Jesu an die Jünger als Vorbild des bevorstehenden Himmelreiches. Nun beginnt sich das gewächs in magischer Evolution zu entfakten: Der Stamm ist im Nu gealtert, morsch geworden und zersprungen, gesprengt von einer aufgepfropften Dornenranke, die sich alsbald in einem riesigen Ei von Samenkapsel auf das Blattwerk senkt. Ein breites Deckblatt schließt das Feigenlaub ab; es ist das Blatt des Senfkohls.

„Das Himmelreich ist gleich einem Senfkorn, …welches das kleinste ist unter allen Samen; wenn es heranwächst, so ist es das größte unter dem Kohl und wird ein Baum, daß die Vögel unter dem Himmel kommen, und wohnen unter seinen Zweigen“ (Matth. 13,31.32)

Der Feigenbaum repräsentiert das Alte Testament, das Dornenreis der Passion das Neue. Das kolossale Ei stellt den stofflichen und geistgetauften Lebensursprung dar, es ist das Myrrhenei des Phönixmythos, das Neue, das seinen Anfang nimmt. Zum Haupt des Johannes neigt sich ein zarter Zweig mit 5 Beeren, die sowohl die Heilkraft der fünf Wunden Jesu darstellen, als auch die „Fünf Geheimnisse des Herrn „ widerspiegelt: Menschwerdung, Leiden, Auferstehung, Himmelfahrt und Wiederkunft. Auf dem Höhepunkt dieser imaginären Pflanze ist eine lebenskräftige Rute, von der eine Erdbeere als Symbol des irdischen Paradieses ihren Saft ergießt. Ein merkwürdiges Symbol befindet sich noch am unteren Teil des Gemäldes: aus einer Felsspalte heraus ist die Wurzel einer Mandragora zu sehen, eine menschgestaltige Alraune. Bis zum heutigen Tag hat sich im volkstümlichen Denken die ihr nachgesagte Zauberkraft erhalten.

Hexenpraktiken

In der europäische Kultur hat sich die religiöse Funktion von Rauschdrogen wohl am längsten in den magischen Praktiken der Hexen erhalten.

Während von einigen Ärzten und Psychiatern, unter anderem auch Paracelsus, die Visionen der Hexen als Ausgeburt von Geisteskrankheiten angesehen werden, haben Historiker und Religionswissenschaftler in diesem Kult Elemente heidnischer Kulturen gesehen. Der Bock beim „Hexensabbat“ ist eher als Pan-Symbolik der weißen Fruchtbarkeitsmagie der menschlichen Ära vor dem Ackerbau und der Viehzucht zu sehen, als das von der Kirche der damaligen Zeit dargestellte Satanssymbol. Es ist der alte Fruchtbarkeitsgott Dionysos und seiner Satyrn. Bis ins 19. Jahrhundert hielt sich diese Tradition im spanisch-französischen Grenzbereich der Pyrenäen.

Dr. Wolfgang Schmidtbauer und Dr. Jüren von Scheidt, beide praktizierende Psychologen , geben sechs verschiedene Punkte an, die die Wechselwirkungen zwischen den im Mittelalter zelebrierenden Hexen und der Kirchlich-weltlichen Obrigkeit aufzeigen.

  1. Die meisten Hexen waren Frauen. In einer patriarchalischen Gesellschaft, die im Weib ein Werkzeug Satans sah, zogen sie die trieb- und leibfreundlichen Lehren des Hexenkultes besonders stark an.
  2. Psychisch besonders belastete Frauen, welche das vom Christentum geforderte Maß an Triebverdrängung nicht oder nur mit großer Mühe erbringen konnten, erwiesen sich als besonders gefährdet. Ihr Glauben an den „Teufel“, das heißt an das Gegenbild der leibfeindlichen Kultur, war aber mit heftigen Schuldgefühlen verbunden. Wenn es zu einer Psychose kam, mag eine ausgiebige Selbstbezichtigung diese Schuldgefühle beschwichtigt haben.
  3. Die Gerichtspraktiken der Inquisition, Folter und stundenlange Verhöre, wirkten im Sinne einer Gehirnwäsche, nach der der Betreffende nicht nur alles zugibt, was man von ihm verlangt, sondern auch selbst glaubt, diese Schandtaten vollbracht zu haben.
  4. Die Vertreter der Inquisition projizierten ihre eigene, verdrängte Sexualität in ihre Opfer und bekämpften sie in ihnene, was ihnen eine Abwehr der verbotenen Impulse und zugleich sadistische Befriedigung erlaubte.
  5. In den Hexenkulten überlebte ein uraltes Wissen um Rauschdrogen, das nicht nur an die Fruchtbarkeitskulte der Frühen Ackerbauern anknüpft, sondern unmittelbar an die bei vielen „Primitiven“ Völkern beschriebenen Reisen ins Geisterreich des Schamanen. Wie jede Religion wandelt auch die der Hexen unter dem Einfluß sozialer und politischer Umwälzungen: Sie nahmen Elemente des Fruchtbarkeitskultes, der dionysischen Orgien und schließlich verzerrte, in ihr Gegenteil verkehrte Züge der christlichen Religion auf.
  6. Für die Wurzeln der Hexenkulte in altsteinzeitlichen religiösen Mythen spricht der Kalender, der nicht dem Ackerbau, sondern dem Fortpflanzungsrhythmus der wilden Tiere entspricht (2. Februar, Vorabend des 1. Mai (Walpurgisnacht) und es 1. November, der 1. August).

Die Angst vor einer Subkultur schien so groß zu sein, daß sich 1612 sogar eine Synode mit dem Mißbrauch halluzinogener Pflanzen und „allerlei Hexenwerk“ befaßte, besonders mit der Anwendung von Farnextrakten. Herzog Maximilian von Bayern drohte jedem seiner Untertanen schwere Strafen an, die „den Fahrnsamen holen“.

Die botanisch sehr erfahrenen Kräutler des Mittelalters wußten sehr gut, welche Pflanzen Visionen auslösen und in diesem Zusammenhang wurden immer wieder Nachtschattengewächse genannt. Scmidtbauer und von Scheidt geben zwei Rezepturen für „Reisen“ an:

Hieronymus Cardanus erwähnt eine Salbe aus:

  • Samen von Taumelloch (Lolium temulentum L.)
  • Bilsenkraut (Hyoscyamus niger)
  • Schierling (Conium maculatum L.)
  • Roter und schwarzer Mohn (Papaver rhoeas L.)
  • Portulak (Portulaca olecera L.)
  • Vier Teile von jedem Tollkirsche (Atropa belladonna) ein Teil

Man bereite aus diesen Samen ein Öl und gebe zu jeder Unze (28.0), Opium ein Skrupel (1.2). Die wirksame Dosis nach Cardanus beträgt 1,5 Skrupel (1.8);man wird zwei Tage betäubt.

Stanislas de Gualtas „Eluctuarium satanicum“ (Teufelsmus) stellt ein erheblich schwereres pharmakologisches
Geschütz dar:

  • Önanthol (aus dest. Rizinusöl) 3.0
  • Opiumextrakt 50.0
  • Extrakt aus schwarzer Betelnuß 30.0
  • Extrakt aus Fünffingerkraut 6.0
  • Extrakt aus Tollkirsche 15.0
  • Extrakt aus Bilsenkraut 15.0
  • Extrakt aus großem Schierling 15.0
  • Fetter Extrakt aus indischem Hanf 250,0
  • Extrakt aus spanischer Fliege 5.0
  • + Traganthgummi und Puderzucker

Es handelt sich um eine Rezeptur, die offensichtlich oral eingenommen werden sollte und das Ganze war für „elf Reisen“ ausgerichtet. Jean Brau aber schrieb, daß es den Konsumenten „ehr ins Leichenhaus als zum Sabbat bringt“. Die Latwerge de Gualtas scheint, wenn man einmal das Dosierungsproblem außer acht läßt, einen interessanten Synergismus zu verwirklichen:

Schierling und die Nachtschattendrogen sorgen für die Betäubung, das Haschisch für die Visionen und die Kanthariden für den erotischen Teil des Hexensabbats. Offensichtlich wollte man nichts auslassen.

Will-Erich Peukert startete 1960 einen Eigenversuch mit einer Salbe nach dem Giovanni Battista Porta in der „Magia naturalis“ (1568):

„Wir hatten wilde Träume. Vor meinen Augen tanzten grauenhaft verzerrte Gesichter. Dann plötzlich hatte ich das Gefühl, als flöge ich meilenweit durch die Luft. Der Flug wurde wiederholt durch tiefe Stürze unterbrochen. In der Schlußphase dasBild eines orgiastischen Festes mit grotesken sinnlichen Ausschweifungen.“ Ein anderer Experimentator, Siegbert Ferckel, „schwebte mit großer Geschwindigkeit aufwärts. Es wurde hell, und durch einen rosa Schleier erkannte ich verschwommen, daß ich über der Stadt schwebte….“

All diese Faktoren sind so sinnfällig erlebt, daß nach dem Wiedererwachen man von der Wirklichkeit des Geträumten überzeugt ist. Giovanni Battista Porta beschrieb in seiner „Magia naturalis“, wie er eine Hexe dazu brachte, in seiner Gegenwart ihren ganzen Körper mit Salbe einzurei9ben. „Als die Kraft der Salbe nachließ, wachte sie auf und erzählte uns irre Ideen: Sie sei über Meer und Berge geflogen. Alles, was sie sagte, war erlogen…“

Übrigens war es für Jean Bodin in seiner Instruktion für Richter, die mit der Hexerei zu tun hatten, schon ein Indiz für die Folter, wenn der Angeklagte irgendwelches Fett auf seinem verstrichen hatte, „denn man weiß, daß die Zauberer sich  solcher Drogen bedienen.“ Erwähnenswert sind noch die häufigen Angaben über Verwandlungen in Tiere wie Katzen, Eulen, oder Gänse. Außer den Solanceae enthielten viele Hexensalben auch Aconit (Aconitum napellus).

„Gerade durch diesen Zusatz, mit seinen die Nervenenden in der Haut erregenden, dann lähmenden Alkaloiden konnte die Autosuggestion der Tierverwandlung, des aus dem Körper emporwachsenden Haar- oder Federkleides, entstehen.“

Höchstwahrscheinlich ging hieraus auch die Werwolflegende hervor.

Neben den Solanceae, Apiceae und Ranunculaceae wurden auch Pilze verwandt, an erster Stelle der Fliegenpilz (Amanita muscaria). Höchstwahrscheinlich hat auch der psilocybinhaltige Glockendüngerling (Panaeolus sphinctrinus) als starkes Halluzinogen Verwendung gefunden (magic mushrooms).

1. Atropa belladonna L. (Tollkirsche)

Alle Anteile dieser Pflanze enthalten ein hochwirksames Alkaloidgemisch aus Atropin, Hyoscyanin und Scopolamin. In den Samen und unreifen Früchten ist im wesentlichen Hyoscyanin enthalten, in den reifen Früchten aber fast ausschließlich das im peripheren Nervensystem nur halb so wirksame Racemat und Atropin. Die vier wichtigsten Vergiftungserscheinungen sind:

  1. Rötung der Haut
  2. Trockenheit der Schleimhäute
  3. Pulsbeschleunigung
  4. Pupillenerweiterung.

Die absolute Trockenheit des Mundes gab Peuckert nach seinem beschriebenen Eigenversuch an, als er aus seinem rauschähnlichen Zustand erwachte.

Da Atropin bis zu 50% unverändert im Harn wieder ausgeschieden wird, wurden im Mittelalter als Nachweis der Einnahme der Droge Kaninchen einige Tropfen Urin in die Augen geträufelt, wobei bei einem positiven Befund eine maximale Pupillenerweiterung entstand. Bei zunehmender Atropindosis entsteht eine fortschreitende Symptomatik: mit 0,5 mg tritt Mundtrockenheit auf, bei 1,0 mg Pupillenerweiterung; zwischen 3,0-5,0 mg Intoxikation, Sehstörungen, Hitzegefühle und Tachykardie. Höhere Dosen lassen Delirium, Fieber, Koma bis zum Atem- und Herzstillstand entstehen.

„Nach Zentigrammdosen treten dann Erscheinungen von seiten des ZNS in den Vordergrund, wie psychomotorische Unruhe, Rededrang, Weinkrämpfe, Halluzinationen, Bewußtseinsstörungen und Tobsuchtsanfälle.“

In Boerickes „Homöopathische Mittel und ihre Wirkung« ist unter „Atropa belladonna“ nachzulesen:

„Patient lebt in seiner eigenen Welt, beschäftigt sich mit Erscheinungen und Visionen… Gesichtshalluzinationen… Er ist hellwach und wird verrückt gemacht durch die Flut subjektiver Gesichtseindrücke. Halluzinationen und phantastischer Illusionen… Halluzinationen, sieht Monster, schreckliche Gesichter, Delirium, entsetzliche Bilder; wütet, rast, beißt, schlägt, möchte fliehen… Überempfindlichkeit aller Sinne… feurige Erscheinungen … hört die eigene Stimme im Ohr… schreit im Schlaf…“

2. Datura stramonium L. (weißer Stechapfel)

Wie die Tollkirsche, so enthält auch der Stechapfel in allen Pflanzenanteilen Tropanalkaloide. Das Alkaloidgemisch schwankte nach Alter und Datura-Art ganz erheblich, die höchsten Anteile befinden sich in den Früchten, Blüten und Samen.

„Die Symptome von Stechapfelvergiftungen gleichen irn peripheren und zentralen Bereich jenen von Atropa belladonna, allerdings können Pulsbeschleunigung und Rötung des Gesichts fehlen. Wegen des z.T. höheren Scopolamingehalts treten unter Umständen aber auch zentralsedierende und halluzinogene Reaktionen in den Vordergrund.“

Prof. Dr. Dietrich Frohne und Dr. Hans Jürgen Pfänder geben in ihrem Werk „Giftpflanzen“ die beiden folgenden Fälle an:

„Der Patient berichtete, er habe Schwierigkeiten, mit seinem Motorrad die weißen Streifen auf der Straße zu überwinden. Sie würden fortwährend aufspringen und sich um seine Beine schlagen… Der Patient unterhielt sich angeregt mit einem Mann, der nur ihm sichtbar war, Lind er fühlte sich verfolgt von schwarzen und roten, kniehohen Spinnen …“

„Zwei fünfzehnjährige Jungen wurden nackt über die Felder wandernd und im Fieberwahn phantasierend von der Polizei angegriffen. Wie sich später herausstellte, hatten beide ca. 5-6 Blüten Datura suaeolens gegessen. Beide Personen begaben sich wiederholt in den Swimmingpool auf der Suche nach rotäugigen Delphinen.“

Boericke schreibt zum Mittelbild „Stramonium“:

„Sieht Gespenster, hört Stimmen, spricht mit Geistern. Rascher Wechsel von Fröhlichkeit und Trauer. Heftig und unzüchtig. Täuschungen über die eigene Identität… Religiöse Manie… Gehörhalluzinationen… Einzelne Körnerteile scheinen enorm vergrößert… Sexueller Erethismus mit unzüchtigen Reden und Gebärden. Hände dauernd am Genitale.“

3. Hyoscyairnus niger L. (schwarzes Bilsenkraut)

Der Gehalt an Tropanalkaloiden ist im Bilsenkraut deutlich niedriger als bei Atropa und Datura. »Das schließt aber nicht aus, daß bei schweren Intoxikationen nach wie vor die zentralen Symptome einer Atropinvergiftung wie motorische Unruhe, Halluzinationen und Desorientiertheit vorherrschen. Im narkotischen Zustand treten Halluzinationen häufig sexuellen Inhalts, oder auch Flugträume oder Tierverwandlungen auf«.

Boericke beschreibt Hyoscyamus niger wie folgt:

„Eine diabolische Kraft scheint das Gehirn in Besitz genommen zu haben und seine Funktionen zu verhindern. Es zeigt sich ein perfektes Bild von Manie einer streitsüchtigen und obszönen Art… Besteht darauf, sich auszuziehen oder die Genitalien züi entblößen… Redselig, obszöne, geile Manie. entblößt den Körper… Geil… Exhibiert seine Person; spielt mit Genitalien… Erregtes Sexualverlangen …“

4. Cicuta virosa L. (Wasserschierling)

Aufgrund seines Polyingehalts gehört der Wasserschierling zu den giftigsten einheimischen Pflanzen. »Hochtoxisch sind alle Pflanzenteile, vor allem die im Geruch an Pastinak oder Sellerie erinnernden unterirdischen Organe. Bereits das Kauen kleiner, daumengroßer Rhizorn- oder Wurzelstückchen führt nach kurzer Zeit (30-60 Minuten) zu brennenden Schmerzen im Mund, zu heftigem, lang andauerndem Erbrechen und nachfolgenden Krämpfen“.

Bei Boericke ist unter „Cicuta virosa“ nachzulesen:

„Wirkung auf das ZNS… Heftige, seltsame Begierden… Stöhnen Lind Heulen… Tut absonderliche Dinge … Deutliche Wirkung auf die Haut (!) … Delirium mit Singen, Tanzen und seltsamen Gesten… Alles scheint absonderlich… Verwechselt Gegenwart mit Vergangenheit… Lebhafte Träume… Plötzliche Detonationen, besonders beim Schlucken …“

5. Aconitum napellus L. (Blauer Eisenhut oder Blauer Sturrnhut)

Verschiedene Aconitumarten im asiatischen Raum wurden als Pfeilgifte verwand; dies mag die Toxizität dieser Gattung darstellen. Der Blaue Sturmhut enthält Diterpen- und Nor-Diterpen Alkaloide. Während erstere Verbindungen nur wenig giftig sind, zeichnen sich die Nor-Diterpen-Alkaloide durch hohe Toxizität aus. Bereits wenige Gramm Pflanzenmaterial können gefährlich werden.

Frohne und Pfänder beschreiben die Vergiftungssymptome folgendermaßen:

„Die Wirkung setzt bei oraler Aufnahme toxischer Dosen schnell ein (nach 10-20 Minuten) und äußert sich zunächst durch Brennen und Kribbeln im Mund, aber auch in Fingern und Zehen. Begleitet von Schweißausbrüchen und Frösteln breiten sich die Parästhesien über den ganzen Körper aus und gehen in ein Gefühl des Pelzigseins (!), der Unempfindlichkeit und Eiseskälte über.“

Ähnliche chemische Verbindungen finden wir beim Gelben Eisenhut (Aconitum vulparia), Feldrittersporn (Consolida regalis), dem Hohen Rittersporn (Delphinium elatum) und dem Gartenrittersporn (Consolida ajacis).

„Aconitum napellus“ wird wie folgt von Boericke beschrieben:

„Psychische und physische Unruhe… Vibrieren, Kälte und Taubheit… Sehr sensibel gegen Geräusche… Geruch überempfindlich… Häufige Erektionen und Ejakulation… Schmerzhafte Erektion… Wilde Erregung beim Aufkommen der Mens… Taubheit und Vibrieren der Extremitäten… Eisige Kälte und Unempfindlichkeit von Händen und Füßen… Ängstliche Träume…“

6. Amanita muscaria (Fliegenpilz)

Die Giftigkeit, die dein Fliegenpilz aufgrund seines Alkalolds Muskarin in älteren Lehrbüchern der Toxikologie nachgesagt wird, kann heute nicht mehr aufrechterhalten werden. Es sind in letzter Zeit weitere Stoffe wie Ibotensäure, Muscazon und Musciniol gefunden worden, wobei letzterer Halluzinationen von beträchtlicher Wirkung auslösen kann: Veränderung von Raum- und Zeitvorstellungen, Wahrnehmung, Sprache und Denken.

„Louis Lewin hat beschrieben, wie Fliegenpilz-Berauschte eine winzige Pfütze für einen See hielten oder mit grotesken Sprüngen über ganz niedrige Hindernisse hinwegsetzten.“

Ähnlich wie bei Atropa belladonna werden auch hier die wirksamen Substanzen fast unverändert mit dem Harn ausgeschieden, so daß früher davon Gebrauch gemacht wurde, indem man den Urin von berauschten Personen trank. In geringen Mengen löst der Fliegenpilz Euphorie und ein Gefühl der Schwerelosigkeit, eventuell auch farbige Visionen aus. Bei zunehmender Menge und Vergiftung treten muskuläre Zuckungen, Verwirrtheit, Erregungszustände und lebhafte Halluzinationen auf, an die sich ein traumhafter Schlaf anschließt. In mancher Literatur werden erst zehn und mehr Pilze als tödlich angegeben, wobei es selbst dafür keine dokumentierten Fälle geben soll.

„Agarius muscarius-amanita“ beschreibt Boericke in „Homöopathische Mittel und ihre Wirkungen“:

„Störungen der Hautinnervation … Prophezeiungen … übertriebene Phantasie… Der Sinn für die relative Größe der Gegenstände geht verloren… Ein Löffel voll Wasser erscheint wie ein ungeheurer See, ein kleines Loch wie ein schrecklicher Abgrund … Die körperliche Kraft scheint vermehrt, kann schwere Lasten heben… Doppelsehen … Sexuelle Erregung… Lebhafte Träume…“

Die Kombination aus all den beschriebenen Symptomen läßt eine Ahnung der verschiedenen Ebenen der Halluzinationen zu. So schrieb in den vierziger Jahren Gustav Schenk zu durchgeführten Experimenten:

„Die Haare sahen in der Vergiftung, die Haut bekam Augen, mit den Fingern hörten wir, die Nase schmeckte, tausend, abertausend neue Möglichkeiten wachten in uns auf, die wir nicht nur allein über die Erde tragen. Begabungen, Eigenschaften, physische und psychische Erbschaften ungezählter Geschlechter., lange Ketten von lebendigen Wesen, die vor uns über den Planeten schritten, die wachten in uns auf, und wir trugen sie mit uns …“

Die Einnahme solcher Pflanzenextrakte war allerdings auch neben der rein toxischen Seite mit konkreten Gefahren verbunden (dies gilt übrigens für alle halluzinogenen Drogen):

1. Latente Psychosen

..können aktiviert werden. Dies wird mit ein Grund dafür sein, daß unter anderem Paracelsus „von Ausgeburten von Geisteskrankheiten“ sprach.

2. »Horrortrips«

Hierbei stehen grauenhafte Empfindungen und Visionen im Vordergrund. Es kann eine Eigen- oder Fremdgefährdung, wie Sprünge in Schluchten oder tätliche Angriffe auf andere Personen nach sich ziehen. Außerdem können die in Punkt eins beschriebenen Prozesse ausgelöst werden.

3. Flash-Backs

Dies sind plötzlich auftretende Rauschzustände, die Tage oder Wochen nach der letzten Drogeneinnahme aktiviert werden. Unsicherheit und eventuelle Realitätsverschiebungen können die Folge sein. Gefährlich waren die unberechenbaren Ausbrüche auch deshalb schon, da in ungünstigen Situationen auftretend auch die Inquisition aufmerksam gemacht werden konnte, denn die offizielle Seite wußte über die Wirkungen und Nebenwirkungen genauso gut Bescheid wie die Konsumenten.

Die rnagischen Praktiken der Hexen irn Mittelalter können als letzte heidnische Verbindung des Wissens aus der Jägerund Sammlerzeit gesehen werden. Höhlengemälde von vor zwölf- bis zwanzigtausend Jahren zeigen fast identische Riten  auf. Theorien, daß diese Rauschzustände den Ärmsten der Armen für kurze Zeit die Möglichkeit geben, ihrem Dasein in ekstatischen Träumen zu entfliehen, scheinen, wenn überhaupt, die Ausnahme zu sein.

Inzwischen weltberühmt wurden die Erlebnisse des Anthropologen Carlos Castaneda mit dem Medizinmann Don Juan. Zumindest am Beginn seiner Initiationen in das indianische mystische Universum spielten Rauschdrogon eine zentrale Rolle. Castaneda spricht vorn Zugang zu »anderen Wirklichkeiten«, das, was sibirische Schamanen unter FliegenpilzEinfluß als „das Klettern ins Reich der Ahnen und Geister“ verstehen.

Provokant also die Frage: Handelt es sich um reine Halluzinationen oder um den geistigen Ausflug in wirklich andere
Dimensionen?

Peter Germann

Literatur

Dr. Wolfgang Schmidtbauer:
Handbuch der Rauschdrogen

Dr. Jürgen von Scheidt / Prof. Dr. Fietrich Frohne:
Giftplanzen

Dr. Hans-Jürgen Pfänder / Bert Marco Schuldes:
Psychoaktive Pflanzen

William Boericke:
Homöopathische Mittel und ihre Wirkung

Carlos Castaneda:
Die Lehren des Don Juan

Schutzgemeinschaft:
Der Garten Eden darf nicht sterben

Deutscher Wald, Wilhelm Fraenger:
Bosch

E- Mertens:
Hieronymus Bosch

Kontakt

PhytAro - Heilpflanzenschule Dortmund
Gudrun Germann
Im Karrenberg 56
44329 Dortmund
Telefon: 0231/ 88 08 66 13
Fax: 0231 / 88 08 66 15
E-Mail: info@phytaro.de

Rückfragen?

Datenschutz: detaillierte Informationen zum Umgang mit personenbezogenen Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung

Kontakt

PhytAro - Heilpflanzenschule Dortmund
Gudrun Germann
Im Karrenberg 56
44329 Dortmund
Telefon: 0231/ 88 08 66 13
Fax: 0231 / 88 08 66 15
E-Mail: info@phytaro.de

Bürozeiten

Mo. bis Do. 09.00 – 12.00 Uhr
Mo. und Do. 15.00 – 17.00 Uhr
Freitag 11.00 – 13.00 Uhr

Persönliche Beratungszeiten mit Gudrun Germann

Mo und Do von 15.00-16.00 Uhr und nach Vereinbarung

Schreiben Sie uns:

Datenschutz: detaillierte Informationen zum Umgang mit personenbezogenen Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung